Sachbezugswert: Richterliche Klarstellungen bei Essensgutscheinen
16 Juni 2020
Das Finanzgerichts des Landes Sachsen-Anhalt bestätigt in einem vor Kurzem ergangenen Urteil (FG Sachsen-Anhalt vom 14.11.2019, Az. 2 K 768/16), dass die mit der Nutzung von Restaurantschecks bzw. Essensgutscheinen verbundenen Arbeitnehmervorteile entgegen der Auffassung des Finanzamts auf Basis amtlicher Sachbezugswerte zu versteuern sind.
Klarer Fall von Sachbezug
Hervorzuheben ist, dass das Gericht die zu beurteilenden Restaurantscheckvorteile als genuine Sachbezüge im Sinne des § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG wertete. Für diese sind die jeweils gültigen Sachbezugswerte gemäß Sozialversicherungsentgeltverordnung (SvEV) auch im Lichte der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs („Tankkartenrechtsprechung“) unmittelbar anzuwenden. Ein Gastbeitrag von Klaus Wienke, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht.
Der Mahlzeitenbegriff: Essen im Restaurant und Verpflegung aus dem Supermarkt
Bei der Klassifikation der Restaurantscheckvorteile als vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte „Verpflegung“ (§ 2 Abs. 1 SvEV) legte der erkennende Senat in Anlehnung an die gefestigte Rechtsprechung des BFH einen weiten Mahlzeitenbegriff zugrunde. Dieser umfasst nicht nur Restaurantessen, sondern auch sämtliche Speisen und Lebensmittel, die üblicherweise der Ernährung dienen, einschließlich der dazu üblichen Getränke. Explizit mit umfasst sieht das Gericht sämtliche (auch abgepackte) Lebensmittel aus Supermärkten.
Pluxee Akzeptanzpartnerverträge unterstützen regelungskonforme Verpflegung
Als Nachweis für die bestimmungsgemäße Verwendung der zu beurteilenden Schecks ließ das Gericht es genügen, dass der Kläger die wechselseitigen Vereinbarungen zwischen ihm und Sodexo sowie den Sodexo-Mustervertrag zur Regelung der für die sogenannten Akzeptanzpartner geltenden Einlösebedingungen vorlegte. Wesentlich ist das Zusammenspiel von Akzeptanzpartnervertrag, Kundenvertrag und Arbeitsvertrag. Dieses Vertragssystem indiziert nach Auffassung des Gerichts LStR-konformes Verhalten. Zudem machte der Kläger glaubhaft, dass er die Mitarbeiter auf die Zweckbestimmung der Restaurant-Gutscheine hingewiesen und zumutbare Kontrollen vorgenommen hatte.
Pluxee Restaurant Gutscheine erfüllen gesetzliche Anforderungen für Verpflegungslösungen
Erwähnenswert ist auch der ausdrückliche Hinweis des Gerichts, dass Vorteile, die der Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Restaurantschecknutzung durch eigenmächtiges, abredewidriges Verhalten erlangt, mangels Qualifikation als Arbeitslohn schon dem Grunde nach einer steuerlichen Erfassung entzogen sind. Damit folgte der Senat der einschlägigen Rechtsprechung des BFH (siehe BFH-Urteil vom 13. November 2012 VI R 38/11, BStBl. II 2013, 929).
Zu einer abweichenden Beurteilung des Falles sah sich das Gericht auch nicht aufgrund der geltenden Lohnsteuerrichtlinien veranlasst. Als Verwaltungsanweisungen seien diese für das Gericht grundsätzlich nicht bindend, zumal sie auch für die Beurteilung, ob in einem Einzelfall ein pflichtwidriger Scheckgebrauch vorliegt, keinerlei erhellende Informationen enthalten.
Daher können nach Auffassung des Gerichts aus den Lohnsteuerrichtlinien heraus keine spezifischen, über den gesetzlichen Rahmen hinausgehenden Kontroll- und Dokumentationspflichten des Arbeitgebers hergeleitet werden.
Restaurant Gutscheine sind bundesweit einsetzbar – auch im Homeoffice
Das Gericht kommt dabei im Übrigen zum Ergebnis, dass die nachgewiesene Flexibilisierung der Arbeitsorganisation des Klägers (flexible Arbeitszeitgestaltung, Homeoffice etc.) zu einer Veränderung der tradierten Beurteilungs- und Kontrollmaßstäbe zwinge. Mit der Folge, dass in den klägerseitig entsprechend begründeten Fällen auch steuerbegünstigte Scheckeinlösungen an Orten ohne geographische Nähe zum Firmenstandort anerkannt wurden.
Urteil mit Signalwirkung
Dem Urteil kommt eine erhebliche Signalwirkung zu, zumal es durch die Rücknahme der ursprünglich eingelegten Revision in Rechtskraft erwachsen und daher keiner weiteren gerichtlichen Überprüfung mehr zugänglich ist. Es bestätigt in einem finanzgerichtlichen Verfahren den originären Sachbezugscharakter von Restaurantscheckvorteilen. Zu begrüßen sind zudem die richterlichen Klarstellungen zur gesetzlichen Fundierung der Sachbezugswertbesteuerung bei Restaurantschecks, im Spannungsfeld mit den Regelungen der Lohnsteuerrichtlinie.